Erweiterung der Onlineversion des eBooks "Der Beginn einer langen Reise":

 

Schon wieder "Entschleunigung"?

 

"Wenn ich nicht im Grunde ein sehr arbeitsamer Mensch wäre, wie wäre ich je auf die Idee gekommen, Loblieder und Theorien des Müßigganges auszudenken. Die geborenen, die
genialen Müßiggänger tun dergleichen niemals." 

(Zitat von Hermann Hesse in "Die Kunst des Müßigganges", 1928)

(Näheres zum Zitatzweck)

 

 

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Dieser Artikel stammt aus einer Zusammenarbeit von tOM Sonnentrommler und Angelika Thomé: Er wurde dem gemeinsamen Tonbildprojekt "einBlick • einKlang • einJetzt" entnommen, in dem die Musik von "Die Geburt der Sonnentrommel" eine zentrale Rolle spielt. Der Textauszug wurde für den Zweck dieser eBook-Erweiterung hier leicht modifiziert: Den Originaltext – sowie alle weiteren Infotexte – zu diesem Projekt finden Sie unter www.einJetzt.de
Alle abgebildeten Fotos der hier geöffneten Website "Erweiterung zum eBook – Schon wieder Entschleunigung" stammen von thOMas grube und unterliegen dem Urheberrecht.

 

 

 

Übersicht:

 

Einige Worte vorweg – Ent- und Beschleunigung als "Yin- und Yang des Lebens"

Schon wieder "Entschleunigung"? – Gedanken zu einem "Modewort"

 

 

 

 

 

 

 

 

Einige Worte vorweg:

 

Ent- und Beschleunigung als "Yin- und Yang des Lebens"

 

"In der "Entschleunigungs-Philosophie" der Sonnentrommler-Projekte geht es nie darum, Geschwindigkeit grundsätzlich zu verdammen. Es geht nicht um Aufrufe zum sinnlosem Totchillen – sondern darum, dass ein "beSONNEnes Weniger" zu einem "qualitativen Mehr" führt."

 

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Durch das Wort "Entschleunigung" (weiter unten mehr dazu) klingt bereits das natürliche Gegenstück – die Beschleunigung – hindurch. Wie schon an anderer Stelle umschrieben: 

"Es geht um den gelebten Versuch, wieder eine Harmonie zwischen "schnell und langsam", "aktiv und passiv", "innen und außen" herzustellen und um das Finden der jeweils eigenen "gesunden Geschwindigkeitsmitte". Dort wo "beschleunigtes Handeln" notwendig ist, kann dieses also durchaus berechtigt sein, gesund sein und Spaß machen. Manchmal ist "blitzschnelles Handeln" sogar überlebenswichtig. Beschleunigung kann beim Überschreiten der "Eisenbahngleise zu einem bestimmten Zeitpunkt" eine äußerst sinnvolle und lebensrettende Handlung darstellen :-) Aber das "permanente Blitzschnellsein", welches wir uns in unseren derzeitigen "gesellschaftlichen Lebensrhythmen" gegenseitig auferlegen und abverlangen ist schlicht wider die Natur."

Den Gedanken, dass "immer der Schnellste gewinnt" hat Karlheinz A. Geißler in seinem Buch "Wart mal schnell" folgendermaßen kommentiert (Zitat): "Pure Tempoversessenheit führt nicht zur Sattheit, sondern zum raschen (!) Tode. Wenn die Schnelleren immer den Sieg davontrügen, dann würde die Menschheit von Geparden regiert – diese sind aber, wie man weiß, vom Aussterben bedroht. Und sie sind auch anderweitig ein zweifelhaftes Vorbild für Hochgeschwindigkeitsaktionen [...] Ihr hohes Tempo ist nicht viel mehr als ein Blitzstart, denn nach 500 Metern machen sie schlapp und brechen die Jagd erschöpft ab. Löwen schaffen nicht mal 500 Meter in Höchstgeschwindigkeit."  (Zitatende).

Auch in der asiatischen Tradition ist – vorrangig in China – verwurzelt, dass nicht Einzelne die Schnellsten sein müssen, sondern das ein Kollektiv ein Ziel erreicht: Diese Ansicht gründet in der Überzeugung, dass das Erreichen eines Ziels nur dann von größtmöglichem Nutzen ist, wenn es möglichst vielen Menschen gemeinsam nützt. Dies deutet – mit Blick auf die individuellen Geschwindigkeiten – auf einen kollektiven Mittelweg, in dem "die Schnellen etwas entschleunigen" und – so es ihnen möglich ist (!) – "die Langsamen ein bißchen beschleunigen" müssen. Schließlich lässt man beim sonntäglichen Spaziergang auch nicht den kleinen Sohn mit den Worten "Dein Pech, wenn Du zu langsam bist..." allein im Wald zurück.

Aber ohne Frage: Auch "der Osten" ist mittlerweile "Mc-Donaldisiert" und kapitalisiert – auch hier geht es lange schon um "geschwindes Geld verdienen". Es ist also den "Völkern des Ostens" zu wünschen, dass diese bei ihrem Willen "gemeinsam das Ziel zu erreichen" künftig nicht nur auf "Beschleunigung nach vorne" setzen – sondern auch hier Entschleunigungsstrategien entwickelt werden (bzw. man sich der in der asiatischen Tradition bereits befindlichen Entschleunigunsstrategien bedient).
 
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Eine sich menschlich verhaltende Gruppe passt ihre Spaziergeschwindigkeit den Langsameren an – andernfalls würde sie sich im besten Sinne des Wortes rück-sichts-los verhalten. Es ist also in unserer aller Hände und Füße – und zu unserer aller Wohl – mal "einen Gang zurück zu schalten". Da viele von uns im Alltag meist beschleunigt unterwegs sind, braucht es deshalb den ausgleichenden Gegenspieler "Ent-Schleunigung" und – um eine ältere und derzeit nicht so modisch abgegriffene Zustandsbeschreibung hinzuzunehmen – es braucht mehr "Muße". Der Begriff "Muße" kommt von althochdeutsch "muoza" = Untätigkeit, Ruhe, freie Zeit – und versteht sich sozusagen als Gegenstück zur "Musse" unserer ständig "produktiv sein müssenden Leistungsgesellschaft": Nachfolgend nun einige Worte zum "Modewort Entschleunigung":

 

 

 

 

 

 

Schon wieder "Entschleunigung"?

 

Gedanken zu einem "Modewort"

 

“Ich bin gegen den Frieden. So. Vielleicht regt wenigstens das noch einen auf. Für den Frieden
sind ja alle, oder zumindest so viele, daß einige darunter sind, mit denen ich ums Verrecken nicht
einer Meinung sein kann. O diese Entrüsteten! Ich habe sie feilschen gesehen, im Halbdunkel hinter Festivalbühnen, bis an die Zähne vergoldet [...]
How to get caught by capitalism in two easy lessons: Erstens – wer lautstark behauptet, dagegen zu sein, wird reich. Zweitens – wer wiederum dieses kritisiert, macht die Mode von morgen. Ich bin gegen den Frieden. Morgen nennen sie sich Schutz-Staffel und sprechen mir das nach. Morgen werde ich wieder für den Frieden sein."

(Zitat von Heinz Rudolf Kunze; näheres zum Zitatzweck)

 

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Begriffe wie "Entschleunigung" oder "Burn Out" sind mittlerweile in aller Munde. Als tOM Sonnentrommler Ende der 90er Jahre "des vorigen Jahrhunderts" mit seinen Sonnentrommler-Projekten startete und darin auch den Begriff der "Entschleunigung" zu nutzen begann, war dies noch nicht so: Bis vor einigen Jahren fand man unter Eingabe des Begriffes "Entschleunigung" in Suchmaschinen nur einige wenige vereinzelte Einträge – vorrangig den des Romanes, in dem dieser Begriff 1979 erstmalig auftauchte: Jürgen vom Scheidt prägte den Begriff "Entschleunigung" in seinem Buch „Singles – Alleinsein als Chance“. Derzeit – im Jahre 2013 – spuckt die Suchmaschine „Google“ satte 469.000 Einträge zum Begriff "Entschleunigung" aus. "Entschleunigung" ist zweifelsohne ein Modewort geworden und es springen – wie dies mit Moden nunmal so ist – viele auf den Entschleunigungszug auf, deren Beweggründe möglicherweise zweifelhaft – oder zumindest oberflächlich und nicht sehr tiefgreifend sind..

Nicht desto trotz zeigen die faktisch zunehmenden "Burn Out´s" aller Berufszweige, dass "Entschleunigung" definitiv ein wichtiges und notwendiges Thema ist. Die Website www.sueddeutsche.de schreibt (die folgende Zitate stammen von hier und von hier): "Nervös, niedergeschlagen, ausgebrannt – immer mehr Menschen macht die Arbeit krank [...] Was sind die Belastungen im Beruf? Der "Stressreport 2012" zeigt, was die Deutschen bei ihrem Arbeitsalltag beklagen. [...] Arbeitsministerin von der Leyen hat nun eine Tagung zum Thema Stress im Job einberufen. [...] Die Krankenkassen schlagen Alarm: Immer mehr Berufstätige werden psychisch krank. Krankheitstage aufgrund des Burn-out-Syndroms seien innerhalb von acht Jahren um das 18-fache gestiegen. Das berichtete die Welt am Sonntag unter Berufung auf Zahlen des BKK-Bundesverbands. [...] Bei der Techniker Krankenkasse (TK) haben sich die Fehlzeiten wegen psychischer Erkrankungen, die Klinikaufenthalte wegen Depressionen und die Menge der dagegen verordneten Antidepressiva innerhalb fünf Jahren um jeweils etwa 50 Prozent erhöht. Das berichtet der Focus unter Berufung auf TK-Daten aus den Jahren 2007 bis 2011. Die BKK-Daten beziehen sich auf den Zeitraum 2004 bis 2011." (Zitatende)

Es gilt also – trotz derer, die nur auf den Entschleunigungszug aufspringen – am Ball zu bleiben und sich nicht von solchen "schwarzen-Pseudo-Entschleunigungs-Schafen" verunsichern zu lassen. Entschleunigung bleibt ein wichtiges Thema, auch wenn man es derzeit von allen Dächern pfeift – meist ohne den Pfiffen Taten (bzw. diese eben nicht :-)) folgen zu lassen. Ein ähnlicher Effekt wurde seinerzeit schön in den "entrüsteten" Worten von Heinz Rudolf Kunze beschrieben, die ich diesem friedvollen Artikel hier vorangestellt habe. Nun denn:

Ohne eine umfassende Abhandlung über "Entschleunigung" schreiben zu wollen – man kann verkürzt sagen: Wer sich mit den Themen "Burn Out", "Alltagshektik", "Arbeitsdruck" – und folgerichtig "Beschleunigung und Entschleunigung" – auseinandersetzt, der wird eher früher als später auf ein zentrales Thema unserer kapitalistisch geprägten Leistungsgesellschaft stoßen: Den schnöden Mammon:

Zwar haben wir mehr "Lebenskomfort" denn je und Maschinen wie Automatisierungsprozesse nehmen uns – zumindest zumeist – die tagesfüllende Knochenarbeit, mit der sich die Generationen vor uns noch abmühen mussten, ab – dennoch scheinen wir immer weniger Zeit zu haben (siehe hierzu u.a. Fritz Reheis: Die Kreativität der Langsamkeit – Neuer Wohlstand durch Entschleunigung). Prozesse, die früher Tage benötigt haben, verlaufen nun zwar oftmals in Sekunden – dadurch werden aber nicht etwa "diese Tage gespart", da nun schlicht "mehr Prozesse schneller aufeinanderfolgen können" – – und entsprechend bearbeitet werden wollen. Brief und Email sind hierzu ein gerne angeführtes Beispiel (lesen Sie zum Thema "Ständige Erreichbarkeit durch Mails und Handy" auch: "Ende der ständigen Erreichbarkeit – E-Mails nach Feierabend unerwünscht" sowie "Mobilfunk-Nutzung fördert Stress und Burn-Out").

 

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Auch wenn sich Beschleunigungsprozesse oft selbst ad absurdum führen (z.B. im Stau auf der Autobahn oder an der Supermarktkasse – siehe u.a. Hartmut Rosa: Beschleunigung – Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne), so treibt uns insbesondere "das liebe Geld" oft in die "Schneller-Besser-Weiter-Spirale": Man kann in immer kürzerer Zeit nun immer mehr Geld verdienen – und Geld verfault und verdirbt nicht (vielleicht höchstens den Charakter), sondern kann angehäuft werden. Also arbeitet man mehr, als man "Feldfrüchte essen kann" – denn ihr "Geld-Pendant" kann auf dem Bankkonto ja nicht verderben. Anstatt also den erlangten Wohlstand in Form von weniger Arbeitszeit (und möglicherweise auch weniger Geld für den Einzelnen – siehe hierzu auch: Bernd Guggenberger: Wenn uns die Arbeit ausgeht...) allen "Werk schaffenden" zu Gute kommen zu lassen, stellt man lieber keine neue "Mitarbeiterschicht" ein, sondern erhöht die Schlagzahl und den Druck auf die bestehenden MitarbeiterInnen – und fährt noch mehr "Gewinn" ein. Ja, man entlässt gar noch MitarbeiterInnen und verteilt alles auf die Verbliebenen: Und insbesondere "die Guten" – sprich: die, die versuchen trotz erschwerter bis unmöglicher Arbeitsbedingungen "es doch noch zu schaffen" – die brennen dann aus.

Sicherlich ist unsere "Gier nach mehr" ein Aspekt neben vielen weiteren, der die derzeitige Situation hat entstehen lassen... und eine Kernwurzel übereilter, oberflächlicher Arbeiten, Handlungen und Produkte. Sicherlich kann man nicht – verkürzt gedacht – der immer schneller werdenden "Gesellschaft" die Schuld in die beschleunigten Sportschuhe schieben, denn jeder Einzelne von uns IST ja die Gesellschaft. Wir erinnern uns: Wir stehen nicht im Stau – wir SIND der Stau :-) Es ist fraglich, ob der moderne Mensch von heute – auch wenn er sich vermeintlich durchaus dazu in der Lage fühlt, "das Tempo mit zu gehen" – nicht auch selbst dafür verantwortlich ist, immer wieder selbst in seine Mitte zurück zu finden. Zumindest scheinen wir ja eine Wahl zu haben, wie wir unser Jetzt erleben. Oder etwa nicht?

Ob die zuvor beschriebenen arbeitenden Mitmenschen, welche im Rahmen von Firmen-Gewinn-Maximierung und Beschleunigung ihrer alltäglichen Arbeit nachgehen (das Wort "nach-gehen" ist hier bewusst als "Verfolgung eines voraushastenden Ereignisses" gewählt), aber dadurch "zurück zur Mitte finden", dass sie beispielsweise nach Feierabend möglicherweise noch stundenlang im Computerspiel etc. versuchen, "die Schnellsten und Besten" zu sein, ist zumindest fraglich. 
 
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Auch das allabendliche Fern-Sehen hinein in die angeblich realen (aber "realistisch betrachtet" fast immer gestellten) Reality- und Dokusoaps erscheint eher als eine Art "Leben am Eingang abgeben": Man möchte sich offenbar lieber für ein paar Stunden daran ergötzen, was andere „richtig“ oder „falsch“ in ihrem Leben machen – und um wie viel interessanter und actionreicher deren Leben vorgibt zu sein – anstatt in dieser Zeit aktiv in die eigenen Rhythmen und "zu sich selbst" zu finden. 

Fakt ist, dass in fast allen Haushalten unserer westlichen Wohlstandsgesellschaft mittlerweile Computer und Fernseher zur zentralen Lebensmitte gehören (räumlich – wie auch im Sinne der familiären Lebenshandlungen). Die freie Wahl, die Freizeit (möglicherweise ausschließlich) vor diesen Geräten zu verbringen, bleibt sicherlich (richtigerweise!) die Entscheidung jedes einzelnen Menschen: Es besteht kein "Entschleunigungs-zurück-zur-Mitte-Jetzt-Zwang"! Jede(r) möge frei wählen! Aber die (äußerst fragwürdige) typische Entgegnung der Fernsehmacher "wir produzieren ja nur das, was die Leute sehen wollen", lässt zumindest gut erkennen, dass der Einzelne äußerst aktiv mit seiner Peripherie in Wechselwirkung steht – und eine "freie, persönliche Entscheidung" möglicherweise gar nicht so frei und individuell ist: 

 

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So mag es beispielsweise auch der engagierten Sachbearbeiterin gehen, die neben ihrem beschleunigten Job noch Haushalt und Familie regeln muss: Da schlagen nach Betreten des Supermarktes "augen-blicklich" Wellen der Werbung und der Produktvielfaltsdarstellung auf sie ein, die sie "ge-hörig" informieren. Natürlich nur zu Ihrem Besten. Wie lange wird sie wohl – wenn sie überhaupt noch so "geistes-gegenwärtig" ist – versuchen, ihren Kindern zu vermitteln, dass ihnen "Produkt XY" nur deshalb so bekannt und anschaffungswürdig erscheint, weil es seit unzähligen Fernsehwerbespots in ihr Unterbewusstsein träufelt? Haben viele diesbezüglich nicht lange aufgegeben, weil die Werbemaschinerie in den Köpfen bereits ganze Arbeit geleistet hat? 

In der heutigen Zeit sind neben steigenden Burn Out Raten auch Erkrankungen wie ADHS immer mehr in den Vordergrund gerückt: Eine erschreckende Anzahl von Kindern scheint es in ihrem noch jungen Leben nicht mehr zu schaffen, die täglich auf sie einströmenden Reize zu verarbeiten. Diese Kinder erkennen ihre Grenzen nicht mehr und scheinen der ständigen „Taktung“ von aussen völlig hilflos ausgesetzt zu sein. Sie verlieren ihre Mitte (auch im Sinne ihrer chronobiologischen Taktung) und reagieren mit Hyperaktivität und Aggression, die ihnen – und uns – signalisiert, das „etwas (nämlich u.a. das Tempo) nicht stimmt“. Tinnitus in der fünften Klasse. Einmal abgesehen vom Leistungsdruck, den manche Eltern, das Schulsystem, die Gesellschaft etc. – und in der Folge eben auch die Schülerinnen und Schüler – "sich selbst" machen: Viele Eltern sind mit den Reaktionen ihrer Kinder entsprechend überfordert und sehen – zum Beispiel im Falle von Erkrankungen wie ADHS – oft nur ein künstliches Entschleunigen mit Hilfe von Medikamenten als Ausweg. Wir haben also bereits längst zu "Entschleunigungsstrategien zum Überleben" gegriffen – aber eben "im Verborgenen" – mit Hilfe von diesbezüglichen Medikamenten: Wir reagieren auf die Symptome, anstatt uns um die Ursachen zu kümmern.

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Wo ist das Ende der Reizüberflutung? Wie schnell können wir noch werden? Wie viel "auswendig herunter zu betendes Schulwissen, welches nach Ablieferung in der Klausur augenblicklich vergessen wird" bekommen wir noch in die mittlerweile auch noch verkürzte, "schneller ablaufende" Schulzeit hinein? Wie viel wollen wir noch ungefiltert in uns hinein fliessen lassen, mit dem Gefühl, die anderen (die Politiker, die Unternehmen, die Lebensmittel-Industrie etc.) wissen doch was für uns gut ist – um vielleicht irgendwann zu dem Schluss zu kommen: 

 

Wenn es sich bei mir nicht gut anfühlt, dann liegt es wohl an mir? Die anderen bekommen es doch (scheinbar) hin... Besagte Burn Out Raten widerlegen dieses "Hinbekommen der Anderen" definitiv. Unsere gesellschaftlich selbstgemachte Reizüberflutung triggert uns täglich und nächtlich permanent an, beschleunigt uns innerlich wie äußerlich und stört – so wir nicht äußerst gefestigt in uns ruhen – unsere eigene, individuelle Frequenz und Mitte. Im schlimmsten Falle so lange, bis wir möglicherweise aggressiv hupend den Wagen vor uns gängeln, verzweifelt um uns schlagen – oder gar gänzlich zusammenbrechen und ausbrennen. All dies ist bereits jetzt Alltag unserer Welt. 

Gemäß des Titels von Steve Lowe ´s kleinem Universal-Lexikon des modernen Lebens kann man sich nun zurecht an dieser Stelle fragen (Zitat Buchtitel): "Liegt es an mir, oder ist wirklich alles scheiße?" – und zweifelsohne: Die Gefahr, mit Bestandsaufnahmen von der "bösen Welt" und den "bösen Medien" und "der bösen Beschleunigung" sicherlich schnell in den altbekannten Tenor der "Früher war alles besser Aussprüche" einzustimmen, ist sicherlich gegeben – ganz im Sinne eines "Ich bin gut versus die Welt ist schlecht - Dualismus". Enthalten wir uns also bewusst einer solchermaßen zu kurz gedachten Be-Wertung – so einfach ist es sicherlich nicht – und schlussfolgern bis hierhin lediglich vorsichtig: Wir sind umgeben und durchdrungen von einer Menge von Reizen, die uns Tag für Tag überfluten – und deren "Geschwindigkeiten und Rhythmen" uns mit ihrer "Seinsweise und Botschaft" temporär und inhaltlich (über)ein-stimmen" – oder zumindest stark beeinflussen. 

Ein regelmäßiges, punktuelles und bewusstes Entziehen von diesen ständigen Reizen erscheint uns – den Autoren des hier vorliegenden Textes – deshalb dringend notwendig: 

Wir brauchen einen Gegenpol, um wieder in unsere jeweilige Normalgeschwindigkeit zu gelangen (auch dies ist sicherlich ein individuell variierender Zustand, den jeder für sich fühlen, finden und definieren muss).

 
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Dieses "Entschleunigen" liegt bei uns selbst – und ganz bestimmt nicht in der Verantwortung von Wellnesstempeln, Diätproduktherstellern, Elektronikherstellern oder der Unterhaltungsindustrie. Ob wir im Wald spazieren gehen, einen ruhigen See betrachten, schöne Musik hören, uns ein selbstgekochtes Essen servieren – oder ob wir eine Kunstform ausüben (ein Instrument spielen, fotografieren, tanzen oder malen) – liegt ganz allein in unserer eigenen Verantwortung. Interessanterweise sind diese banalen Dinge meist monetär günstiger als all das, was die Werbung uns an-preis-t – und sie haben darüber hinaus den x-fachen Glücks- und Entschleunigungs-faktor. Deshalb sind sie aber auch – kapitalistisch gesehen – so uninteressant: Wer viel produziert, soll auch viel verbrauchen – anstatt  "mit sich Selbst zufrieden" im Wald oder am See zu sitzen.

 

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Aber ohne Frage: Wie entschleunigt wir der Welt auch begegnen – sobald wir in ihr agieren, sind wir Teil von ihr – und von ihrer Beschleunigung und somit auch ihrer "Überschleunigung": Wer da gechillt in sich ruhend auf der rechten Autobahnspur ganz nach Geschwindigkeitsvorschrift fährt, erzeugt sogar noch "als Unterschleunigung empfundene Reibung" für eilige LKW´s :-) Um so wichtiger erscheint uns ein "gesamtgesellschaftliches Umdenken" – welches beispielsweise auch schon dort einsetzt, wo man an der Supermarktkasse Ruhe bewahrt und freund-lich wartet, bis die "tüttelige Oma" ihr Wechselgeld sortiert hat. Vom mitmenschlichen Selbstverständnis eines solchen Verhaltens einmal abgesehen: Schnell genug werden wir alle "die Oma´s und Opa´s" sein, die eben "so schnell Autofahren, wie sie es vermögen". Lassen Sie uns doch alle für den Anfang einmal versuchen, die Zeit in solchen Situationen "etwas zu dehnen" – anstatt möglicherweise aggressiv, unreflektiert und unemphatisch aus dem vagen "Ich hab keine Zeit Druck-Gefühl" zu handeln. Dies ist übrigens nicht nur "sozial", sondern sogar "wirtschaftlich" auf lange Sicht sinnvoller:

Der "Verein zur Verzögerung der Zeit" schreibt in seinen Vereinsstatuten (Quelle: http://www.zeitverein.com): "Seine Mitglieder verpflichten sich zum Innehalten, zur Aufforderung zum Nachdenken dort, wo blinder Aktivismus und partikulares Interesse Scheinlösungen produzieren." Und an anderer Stelle (Zitat): "Ich habe keine Zeit!" ist der meist verwendete Satz, mit dem wir uns als Opfer des Zeitdrucks entschuldigen. Trotz der Erfindung immer zeitsparenderer Techniken in allen Lebensbereichen (z.B. Mikrowelle, ICE, Fax und Automatikheizung) leiden die meisten Menschen unter immer größerem Zeitmangel. Die Beschleunigung, d.h. der Wunsch, möglichst viel in immer kürzerer Zeit immer schneller zu erreichen, hat Einzug gehalten auch in Bereiche, in denen Organismen nicht einfach gegen ihre Eigenzeit schneller "eingestellt" werden können. Die Mast des Schweines, die Reifung des Käses stehen genauso unter einem Beschleunigungsdruck wie die Kinder in der Schule, oder die Entwicklungsabteilungen der Autofirmen. Über die vielfältigen, destruktiven Auswirkungen berichten die Medien täglich. Der Glaubenssatz "schneller ist besser" wurde erfolgreich in die Köpfe der Menschen des ausgehenden 20. Jahrhunderts implantiert." (Zitatende)

In den tOM Sonnentrommler-Projekten – und beispielsweise auch im Tonbildprojekt "einBlick • einKlang • einJetzt" (einer kontemplativen Arbeit der Fotografin Angelika Thomé und tOM Sonnentrommler) – geht es darüber hinaus insbesondere  darum, über die notwendige Muße und Geistesoffenheit ins „Jetzt“ zu finden: Es geht um´s Innehalten. Das Wort "InHalt" stammt von der mittelhochdeutschen Wortwurzel "innehalt" / "innehalten" – und auch wenn "Muße" niemals den "Zweck" beinhalten sollte: Die mußevolle Pause im Jetzt führt als "besonnenes Weniger" ganz nebenbei auch zu einem "qualitativen, inhaltsvolleren Mehr" im anschließenden "aktiven Jetzt".
 
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Um abschließend die "Fantastischen Vier" zu zitieren: "Du bist nicht Opfer, sondern Schöpfer Deiner Welt – also schlag ich vor, Du machst sie, wie sie Dir gefällt" (Zitatende). In diesem Sinne: Lassen Sie es uns alle gemeinsam angehen – denn frei nach dem Buchtitel des "Erfinders des Entschleunigungs-Begriffes" (siehe oben) liegt in eben diesem "All-Ein-Sein als Chance" das Wohl unser aller "Jetzt-Momente" :-)

 


Dieser Artikel stammt von tOM Sonnentrommler und Angelika Thomé: Er wurde dem gemeinsamen Tonbildprojekt "einBlick • einKlang • einJetzt" entnommen, in dem die Musik von "Die Geburt der Sonnentrommel" eine zentrale Rolle spielt. Der Textauszug wurde für den Zweck dieser eBook-Erweiterung hier leicht modifiziert: Den Originaltext – sowie alle weiteren Infotexte – zu diesem Projekt finden Sie unter www.einJetzt.de

 

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